Tarantino meets deutsche Provinz – ein Coming-of-Age-Roman als Noir-Krimi
Eine Kleinstadt am Rand des Taunus. Die achtzehnjährige Cheyenne Boudica bewohnt gemeinsam mit ihrem kleinkriminellen Bruder Troy das Haus ihrer verstorbenen Eltern und pendelt zwischen der Tristesse eines Jobs in einem Klamottengeschäft und den Verlockungen der Frankfurter Unterwelt hin und her. Ihre Großmutter, die vor dem kommunistischen Regime in Albanien geflohen ist, hat unter dem Deckmantel einer Pizzeria ihr eigenes mafiöses Geschäft aufgezogen und so ihre Antwort auf den Kapitalismus gefunden.
Um ihrem Leben zu entkommen, stürzt sich Cheyenne in ihre einzige Leidenschaft: Gangsterfilme. Schon bald verwischen die Grenzen zwischen ihrem Leben und den Filmen und sie wird in eine Geschichte hineingezogen, bei der sie selbst am Ende nicht mehr weiß, ob sie diese wirklich erlebt oder nur zu viel Tarantino und Scorsese geschaut hat. Es treten auf: ein albanischer Mafiaboss, eine tödliche Hippiefrau, ein Gangster, der gerne Wrestler geworden wäre, zwei türkisch-kurdische Kommunisten und ein Killer, der einfach nicht totzukriegen ist, sowie ein Koffer mit mysteriösem Inhalt.
»Cheyenne« ist Daniel Borgeldts zweiter Roman. Sein Debüt »Schnulzenroman – Die Autobiografie des Heinrich Fraunhofer aka Danny Silver« erschien im Ventil Verlag 2020.
»Ich rief Harolds Namen und hörte als Antwort ein Stöhnen. Atmete ein paar Mal tief ein und aus. Dann ging ich in die Wohnung. Das Erste, was mir auffiel, war nicht Harold, der voll mit Blut in einem Sessel saß, sondern der Film, der gerade lief. »Scarface«. Hab ich sofort erkannt. Aber natürlich der neue von Brian de Palma, nicht der alte von Howard Hawks. Wobei der alte schon teilweise besser ist. Aber egal. Alle Möchtegerngangster kennen nur noch diesen verkoksten Achtzigerfilm und denken, sie wärn Tony fuckin Montana. Tuncer bestimmt auch. Ach Tuncer! Dann musste ich denken: Quentin, wenn du wüsstest, was ich hier gerade erleb.«