Alte Straßenköter-Weisheit: Die besten Partys sind immer die, zu denen man nicht eingeladen ist.
Man braucht sich keine Gedanken um die Abendgarderobe zu machen, hat außer einem halbvollen, abgestandenen Wegbier nix in der Hand, was als Mitbringsel herhalten könnte, bedient sich gleichwohl mit absoluter Selbstverständlichkeit am Schnapsregal des Gastgebers, hinterlässt als Überraschung für den Tag danach eine Stange Mittelstrahl im Zahnputzbecher und tanzt vor allen Dingen möglichst auf allen Tischen so, dass man immer mit dem Kopf voran in der Hochzeitsbowle landet. Die Zuschauer sollen sich schließlich an diesen wunderschönen Abend erinnern können.
Möglichst für immer.
BUBONIX aus Limburg machen das, um das oben skizzierte Wedding-Crasher-Prozedere mal durch die Subkultur-Szene-3D-Brille mit einer Tüte Popcorn in der Hand anzuschauen, seit Jahren nicht anders.
Jene bandgewordene Voodoo-Zeremonie des Punk und Hardcore um Sänger und Vorzeige-Wildsau Thorsten Polomski hat eigentlich immer schon auf jeder Party den größten Eindruck hinterlassen, und das obwohl (oder aber eben gerade weil) sie eigentlich nie und nirgendwo so richtig reingepasst hat. Das war schon auf alten Scheiben wie „Please, Devil Send Me Golden Hair“ oder dem letzten Album „Capsaicin“ der Band vor gut 15 Jahren nicht anders.
Und jene wunderbar unbedarfte Assitüde treibt die frisch reunierte, um zwei alte Bandmitglieder geschrumpfte Combo (Sarah De Castro und Nenad Grbavac) auf ihrem neuen Album „Through The Eyes“ so sehr auf die Spitze, dass man mit debilem Grinsen und ungläubigem Kopfschütteln vor dem Plattenspieler hockt und die HC-Punk-Referenz-Synapsen im Kopf so wild flackern und blinken wie die Weihnachtsbeleuchtung auf einer Front Porch irgendwo in Texas.
Negative Approach, irgendwer? Hat da drüben jemand Misfits gerufen? Höre ich ein Black Flag? 7 Seconds, verehrte Hörer:innen? Darkest Hour? Minor Threat? Alte Anthrax? Hammerhead? Oder gar Schweinerock-Anleihen der Marke Gluecifer, The Bronx oder Zeke?
BUBONIX schnappen sich, befreit von sämtlichen Erwartungshaltungen der vergangenen Jahre, aus den schönsten Genre-Schubladen nur die wichtigsten Klassiker-Werkzeuge und machen mit Brecheisen, Hammer und Mörser den alten Szene-Schuppen in gerade mal 31 Minuten Spielzeit vollends holzfrei.
Die grandiose Produktion des neuen Albums „Through The Eyes“ von Kurt Ebelhäuser und Michel Wern fängt eindrucksvoll die Live-Power der BUBONIX ein und streicht die Old-School-Wände modern an, um sie gleich darauf wieder einzureißen.
Und das Schönste: Jeder der zehn Songs auf dem Album, allen voran Singles wie „Paid Out With Hate“, „Fear Of Death“ oder „Beyond Space And Time“, verbeugt sich tief vor klassischen Szene-Einflüssen, gurgelt mit Spucke, Schweiß, Blut und Pipi alter Helden. BUBONIX sind dabei aber selbstbewusst genug, die eigene DNA zu injizieren und etwas Neues zu schaffen.
Polomski selbst sieht das so: „Wir wollten einfach Songs schreiben mit jener Naivität, die wir in uns hatten, als wir uns seinerzeit kennengelernt und ultrahart dafür gebrannt haben, eine Band zu starten!“
Recht hat er: „Through The Eyes“ ist nicht einfach eine Zitatsammlung anderer Bands, sondern ein frisches, eigenständiges und vor allem wahnsinnig hittiges HC-Punk-Album, welches in keinem Moment leidenschaftslos oder uninspiriert klingt.
Im Gegenteil: Was Markus Klees, Sascha Bonnemann, Oliver Kunz, Hermann Weier und Thorsten Polomski hier durchexerzieren, nein: ZELEBRIEREN!, ist so verdammt zwingend und gut, dass es nur folgerichtig ist, dass die BUBONIX mit Alex von Pascow und Jürgen Schattner aka Kidnap Music / Rookie Records die perfekte Labelheimat für den anstehenden Release gefunden haben.
Textlich sind BUBONIX Menschen, die kein Problem damit haben, anzupacken und sich die ungewaschenen Hände noch mal schmutziger zu machen. Punk MUSS nach Eigenaussage gar nichts, kann aber eine ganze Menge. Und der sozio-politische DIY-Gestus war schon immer: Geballte Fäuste gehören nicht in Hosentaschen und Paläste, Altäre und Grenzen reißt man ein, damit man Ziegelsteine zum Schmeißen oder Rohstoffe hat, aus denen man sinnvolle Häuser für jene baut, die Hilfe benötigen. Alles für alle. Liebe für jeden Menschen. Egal, welche Disposition. Außer für Nazis, Konservative und rückwärts gewandte Traditionalisten. Für die gibt’s eine Rückhand. Mit Schmackes.
Welcome back, BUBONIX … ach nee: FUCK LOVE, MAKE VIOLENCE TO ÄRSCHE!
(Ingo Donot)
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Das Album erscheint in zwei Vinylversionen: Zum einen als Standardversion mit schwarzem Vinyl und hier in der Version mit farbigem Vinyl. Die genaue Ausstattung sieht so aus:
Cover aus schwerem 350g Karton
Bedruckte Innenhüllen
Booklet in LP Größe
Vinylfarbe: transparent blau
Limitiert auf 500 Exemplare